Rechtlicher Jahresrückblick 2023 – Teil 1

02. Januar 2024 Lesedauer: 3:00 Minuten
Start 2024

Ich hoffe, du konntest das Jahr mit einem Lächeln beenden und freust dich darauf in 2024 ein neues Kapitel aufschlagen zu können.

Es lohnt sich aber auch nochmal einen Blick zurückwerfen. Denn das, was für die Fitnessbranche aus rechtlicher Sicht in 2023 relevant war, wird auch in den nächsten Jahren noch zu spüren sein.


1.) Personallose Studios

Der Trend zu personallosen Studios setzt sich fort. Dies birgt Chancen, fordert aber auch rechtliche Überlegungen, insbesondere zum Datenschutz und zur Haftung im Falle von Unfällen oder Verletzungen.

Schön wäre es, wenn man das Mitglieder unterschreiben lassen könnte, dass es dich von jeglicher Haftung und Verantwortung freispricht. Das geht leider nicht. „Training auf eigene Gefahr“ gibt es im deutschem Recht nicht.

Selbst wenn einige Studios darauf spekulieren, dass sich Mitglieder durch einen „Haftungsausschluss“ einschüchtern lassen, deine eigentlichen Gegner (Krankenkassen, Verbraucherverbände & Co) kennen die Rechtslage.

Eine von vielen Möglichkeiten deine Haftung zu reduzieren ist:

Geräte und Studio samt Umkleiden mehrmals am Tag kontrollieren (ca. alle 4 Stunden), damit Verletzungsgefahren schnell behoben werden können.

WICHTIG: diese Kontrollen auch dokumentieren, um es im Ernstfall beweisen zu können!


2.) Pauschalen & Gebühren

Österreicher Richter haben Zusatzgebühren und Servicepauschalen in Fitnessstudios als unwirksam angesehen. Damit hat die Diskussion über Pauschalen und Gebühren in der Branche enorm an Bedeutung gewonnen.

Aber nicht jede Servicepauschale ist unwirksam. Es geht mal wieder um Verbraucherschutz und im Konkreten um Vergleichbarkeit und Transparenz bei der Preis- und Vertragsgestaltung.

Immer wenn eine Pauschale eingeführt wird, um den Beitragspreis „zu schönen“, ist diese wahrscheinlich unwirksam.

Wer aber klar kommunizieren kann, welche Gegenleistung das Mitglied dafür erhält und die Gegenleistung auch gleichwertig ist, wird auch weiterhin Pauschalen erheben dürfen.

3.) Scheinselbstständigkeit

Die Klärung, ob ein Honorartrainer wirklich selbstständig oder doch eher in einer abhängigen Beschäftigung (= sog. Scheinselbstständigkeit) tätig ist, bleibt ein Schlüsselthema für Unternehmen und Selbstständige in der Fitnessbranche.

Der aktuelle Beschluss des Bayrischen Landessozialgericht (18.08.2023 – L 7 BA 72/23 B ER) macht erneut deutlich, dass die Scheinselbstständigkeit ein rechtliches und wirtschaftliches Risiko darstellt.

In dem Fall waren Trainer als freie Mitarbeiter angestellt, wurden jedoch durch die Rentenversicherung im Rahmen einer Betriebsprüfung als Angestellte angesehen. Daher musste das Fitnessstudio alle Sozialversicherungsbeiträge für 4 Jahre nachzahlen.

Grund für die Einstufung als Angestellte war, dass die Trainer kein eigenes wirtschaftliches Risiko trugen sowie maßgeblich in die Organisation des Studios eingegliedert waren. Die Trainer hatten nur die Aufgabe die Mitglieder des Studios zu trainieren und das vorgegebene Kursprogramm zu erfüllen. Daher ist es besonders wichtig, dass Studios und Trainer das Problem der Scheinselbstständigkeit kennen und sich rechtlich bestmöglich absichern.


4.) Immer noch Corona: Gewerbemietrecht

Die finanziellen Auswirkungen von Corona sind für Viele in der Branche immer noch spürbar. Mittlerweile gibt es auch einige positive Urteile des BGH, z.B. zu „keine Laufzeitverkürzung von Mitgliedverträgen während des Lockdowns“ oder zur „Rückforderung von Gewerbemieten“.

Jedoch muss man sich die Urteile immer genau anschauen. In dem viel gepriesenem Urteil zur Gewerbemiete wurden verschiedene Varianten betrachtet und Fälle festgelegt, wann man Miete zurückfordern kann.

ABER: Der BGH hat auch festgestellt, dass es keinen pauschalen Rückzahlungsanspruch gibt. Es muss jeder Einzelfall individuell betrachtet und der Umsatzrückgang nachgewiesen werden.

Daher kann sich eine Klage lohnen, sie sollte aber vorab genau geprüft werden, um ein etwaiges Kostenrisiko abzuschätzen.


5.) Abmahngefahr bei Wirkaussagen – Kinesiotapes

Es war wieder Abmahnzeit. Was die Preisangaben und Pauschalen in der Fitnessbranche waren, sind die verbotenen Wirkaussagen in der Gesundheitsbranche.

Bekannt ist: Heilversprechen sind verboten.

Den Begriff Heilversprechen darf man nicht zu wörtlich nehmen. Ein solches liegt nicht nur vor, wenn eine ausdrückliche Heilung versprochen wird, sondern bereits auch dann, wenn eine Wirkaussage getroffen wird.

Auch dieses Jahr durften sich die Gerichte mit Werbung für Kinesiotapes beschäftigen. Es wurde einmal mehr festgestellt, dass Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, aber diese Voraussetzung bei den Tapes nicht gegeben ist. Damit sind Wirkaussagen über Kinesiotapes weiterhin verboten.


Das war der erste Streich ... Nächste Woche geht es dann weiter mit den Punkten 6 – 10 meiner rechtlichen Top 10 des Jahres 2023.


Du willst wissen, was 2022 für die Branche rechtlich relevant war?
Dann ließ dir gerne unsere Blogartikel dazu durch:






Viele sportliche Grüße & ein wunderbares 2024!

Julia



Julia beim Trainieren Julia Ruch
Triathletin, Anwältin für Sportrecht &
Expertin für Rechtssicherheit im Training und Wettkampf

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