BGH Urteil 2025: Braucht dein online Angebot eine ZFU-Zulassung?

22. Juli 2025 Lesedauer: 4:00 Minuten
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Ein Aufschrei geht durch die Presse und Social Media, Businessberater schlagen Alarm und Panik macht sich breit. Wenn du online Kurse anbietest, ist es dir sicher auch schon angezeigt worden: „BGH entscheidet gegen Anbieter von Online-Coaching - € 23.800,00 müssen zurückgezahlt werden!“

Wenn du dich jetzt fragst, was die ZFU-Pflicht überhaupt ist oder wann ein Online-Programm zertifiziert werden muss, dann lies ruhig weiter – ich erkläre es nochmal.

Am Ende findest du auch eine Checkliste, mit der du prüfen kannst, ob dein Online-Programm zulassungspflichtig ist oder nicht.

SPOILER: Wenn du meinen Newsletter regelmäßig verfolgst oder meine Blogartikel liest, bringt das Urteil wohl keine Neuigkeiten für dich!

Warum wird dann jetzt so viel Panik verbreitet? – Weil sich mit Angst Geld verdienen lässt!

Lass dich nicht verunsichern! Sei schlau und teste erstmal, ob du überhaupt betroffen bist.

Allgemeine, aber wichtige Hintergrundinfos:

Gesetze sind oft bewusst allgemein formuliert – damit sie möglichst viele Sachverhalte erfassen können. Das führt in der Praxis dazu, dass es verschiedene Interpretationen gibt und geben darf. So sagt man nicht ohne Grund: „Drei Juristen – fünf Meinungen.“

Solange hohe Gerichte sich nicht abschließend zu einem Gesetz äußern, existieren unterschiedliche Rechtsauffassungen. Genau das war bislang beim Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) der Fall – insbesondere in Bezug auf moderne Online-Coachings und digitale Programme.

Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) gesprochen.

Mit Urteil vom 12. Juni 2025 (Az. III ZR 109/24) hat der BGH - eines der höchsten Gerichte -klargestellt, unter welchen Bedingungen auch ein Online-Coaching- oder ein Mentoring-Programm eine Zulassung durch die ZFU benötigt.

In dem vorliegenden Fall hat der BGH die Zulassungspflicht bejaht, weil nach Interpretation des BGH das streitgegenständliche Online-Coaching alle Merkmale des FernUSG erfüllt hat.

Was genau bedeutet das aber nun für dich und dein Online-Business?
Ich fasse dir die wichtigsten Erkenntnisse zusammen, so dass du für dich prüfen kannst, ob dies auf dich auch zutrifft oder du dich beruhigt zurücklehnen kannst.

Vorab zur Info:
Entscheidend und Ausgangspunkt ist nach wie vor der § 1 Abs. 1 des FernUSG.

Danach muss ein Online-Angebot zertifiziert werden, wenn es unter den Begriff Fernunterricht fällt. Fernunterricht wiederum ist die ...

entgeltliche Vermittlung

von Kenntnissen und Fähigkeiten

bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind

und

der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen.

Wichtig zu wissen: Alle 4 Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Wird eine nicht erfüllt, muss das Angebot auch nicht zertifiziert werden.


Erkenntnisse aus dem BGH-Urteil

Das Coaching-Angebot war zulassungspflichtig, weil ...


1. Das Coaching war unstreitig kostenpflichtig.

Erkenntnis #1: Freebies und Webinare, die du kostenlos anbietest, sind nicht erfasst.


2. Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten

Die vertraglich geschuldete Leistung bestand in der planmäßigen Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten – nicht in bloßer individueller Beratung. Dadurch war das Programm als zulassungspflichtiger Fernunterricht einzustufen.

ACHTUNG: Reine Selbstlernkurse sowie Freizeitkurse (z. B. Kurs „Richtiges Umtopfen von Blumen“) fallen nicht unter das Fernunterrichtsschutzgesetz.

Erkenntnis #2: Der BGH macht deutlich: Auch wenn ein Angebot als "Mentoring" oder "Mindset-Coaching" bezeichnet wird, entscheidend ist, ob eine Wissensvermittlung erfolgt oder eine individuelle Beratung. Welcher Marketingbegriff verwendet wird, ist irrelevant.


3. Räumliche Trennung

Und das ist der Punkt, auf den es bei vielen von euch ankommt.

Nur dummerweise hat der BGH dazu nichts neues entschieden!!!

Der BGH hat genau das Thema offengelassen und lediglich für diesen Fall entschieden:

„Ob dieses Tatbestandsmerkmal ... dahingehend auszulegen ist, dass zusätzlich erforderlich ist, dass die Darbietung des Unterrichts und dessen Abruf durch den Lernenden zeitlich versetzt (asynchron) erfolgt, ist allerdings nicht entscheidungserheblich und kann daher offenbleiben. Denn im vorliegenden Fall wäre selbst bei einer solchen einschränkenden Auslegung von einer überwiegenden räumlichen Trennung auszugehen, da ... Synchrone Unterrichtsanteile, wenn diese wie hier die Online-Meetings - zusätzlich aufgezeichnet und den Teilnehmern anschließend zur Verfügung gestellt werden, als asynchroner Unterricht zu behandeln sind, weil sie zeitversetzt zu einem beliebigen Zeitpunkt angeschaut werden können und eine synchrone Teilnahme damit entbehrlich machen.“

Das bedeutet:
Nach wie vor kann die Auffassung vertreten werden, dass wenn rein rechnerisch über 50% des Kurses live per Videotelefonie erfolgte - und es davon keine Aufzeichnung gibt - das Merkmal der räumlichen Trennung nicht erfüllt ist. Und damit muss das Online-Angebot auch nicht bei der ZFU zertifiziert werden.

Erkenntnis #3: Es dürfen keine Aufzeichnungen gemacht werden. Ob synchrone Online-Kommunikation über Videotelefonie (z. B. Live-Meetings via Zoom) das Merkmal der räumlichen Trennung erfüllt oder nicht, hat der BGH NICHT entschieden. Sobald von den Live-Calls Aufzeichnungen gemacht werden, greift aber auf jeden Fall das Merkmal „überwiegend getrennt“ und das Online-Angebot fällt unter die Zulassungspflicht der ZFU.


4. Lernerfolgskontrolle

Hinzu kommt, dass der BGH die Auffassung bestätigt, dass bereits die Möglichkeit Fragen zu stellen (in Live-Meetings, Facebook-Gruppen oder per Mail) als individuelle Lernkontrolle im Sinne des Gesetzes anzusehen ist. Auch Hausaufgaben und Begleitung durch Coaches sprechen für eine aktive Lernerfolgsüberwachung.

Erkenntnis #4: Entscheidend ist nicht, ob tatsächlich kontrolliert wurde, sondern ob in der Kursbeschreibung die Möglichkeit vorgesehen ist.


Damit waren im vorliegenden Fall alle Voraussetzungen des Fernunterrichtsschutzgesetzes vorliegend erfüllt.

ABER nochmal: Alle 4 Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Wird eine nicht erfüllt, muss das Angebot auch nicht zertifiziert werden.


Checkliste: Wie schaut es bei dir aus?

1. Dein Programm ist kostenpflichtig?



2. Vermittelst du Wissen oder Fähigkeiten?



3. Findet dein Programm überwiegend online statt?



4. Wird der Lernerfolg überwacht oder begleitet?



Ergebnis: Wenn du 3 oder mehr Häkchen gesetzt hast, dann solltest du dein Programm dringend rechtlich prüfen lassen! Du fällst mit hoher Wahrscheinlichkeit unter die ZFU-Zulassungspflicht – unabhängig davon, wie du dein Angebot nennst ("Coaching", "Mentoring", "Transformation", etc.).


Du willst wissen, wie du deinen Vertrag rechtssicher gestaltest und welche Besonderheiten du nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz beachten musst?

Dann buche dir gerne eine 1:1 Kurzberatung und in einem persönlichen Gespräch per Telefon oder TEAMS bekommst du direkt Antworten auf deine Fragen.



Viele sportliche Grüße

Julia



Julia Ruch
die Anwältin für die Fitness- & Gesundheitsbranche
Inhaberin der aktivKANZLEI
und aktive Triathletin

aktivKANZLEI
j.ruch@aktivkanzlei.de


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