Plattform für Kundenbewertungen: was ist erlaubt und was verboten?

05. Dezember 2023 Lesedauer: 3:00 Minuten
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Ihr habt mich nach meiner rechtlichen Meinung zu Physio Content Review gefragt. Das Vorgehen der Plattform ist nicht nur für Praxisinhaber und Studios interessant, sondern auch rechtlich brisant.

Das Vorgehen von Physio Content Review ist wie folgt: Die Praxis verschickt einen Link für eine Bewertung an den Patienten, dieser gelangt dann, wenn er eine Bewertung abgeben will, auf eine Landingpage der Plattform.

Sollte der Patient eine 1 – 3-Sterne Bewertung abgeben, wird diese nicht veröffentlicht, sondern in ein Mail-Postfach des Nutzers (= Physio) geleitet und der kann diese kontrollieren, bevor die Bewertung veröffentlicht wird. Damit „blockt“ man keine Google-Bewertungen, sondern „kontrolliert“ Bewertungen mit 1 – 3 Sternen, die über diese Plattform abgegeben werden.

Mal ehrlich, ein gewisses Störgefühl hat man dabei, oder? Zumindest einigen von euch ging es so und ihr habt mich gefragt: „Ist das legal?“

Ich habe mir für euch mal die Nutzungsbedingungen von Physio Content Review angesehen.

Man nutzt die Plattform nicht um Google-Bewertungen zu generieren, sondern man generiert über deren Plattform Bewertungen, die man dann über Social Media veröffentlichen kann.

Ob auch eine Einbindung über ein Widget auf der Website möglich ist, konnte ich nicht erkennen. Wäre aber interessant zu wissen, weil man dann von der gesetzlichen Informationspflicht betroffen wäre.

Der Nutzer (Physio/ Studio) ist dann verpflichtet den Leser der Bewertung darüber zu informieren, ob man Prüfmechanismen zu Authentifizierung der Bewertung einsetzt. Ist dies der Fall, muss im zweiten Schritt darüber aufgeklärt werden, welche Prüfmechanismen dies sind.

Sobald man auf externe Bewertungsplattformen Bezug nimmt, ist man von der Informationspflicht betroffen. So wie ich es verstanden habe, macht die Plattform das. Diese Infos müsste die Plattform dann den Nutzern (=Physios/ Studios) zur Verfügung stellen, damit diese das in ihre Datenschutzerklärung einbauen können bzw. einen extra Link auf der Website dafür einrichten können.

Damit keine falschen Vorstellungen entstehen, nochmal zur Klarstellung:
Über die Plattform werden keine Google-Bewertungen „geblockt“, sondern man kann Bewertungen mit 1 – 3 Sternen „kontrollieren“, die über diese Plattform abgegeben werden.

Meine persönliche rechtliche Einschätzung:

Ein solches Vorgehen hat das Landgericht Duisburg, Az: 25 O 54/11, bereits 2012 als Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) gewertet und der Unterlassungsklage stattgegeben.

In der Konsequenz kann es dann weiter dazu kommen, dass der Nutzer alle Bewertungen löschen muss.

ACHTUNG: Die Löschung umfasst auch die Bewertung, die bereits vor Nutzung der Plattform abgegeben wurden.

Das LG Duisburg sah in der Selektion der Bewertungen eine Täuschung und damit eine Irreführung im Sinne des § 5 UWG, weil potentielle Kunden davon ausgingen, dass sowohl in die durchschnittlichen Kundenbewertungen (ein bis fünf Sterne) sowohl positive als auch neutrale und negative Bewertungen des Unternehmens eingingen.

Tatsächlich aber wurden neutrale und negative Bewertungen durch den Betreiber des Bewertungsportals gar nicht veröffentlicht. Denn automatisch wurden auch damals zunächst nur positive Bewertungen (vier oder fünf von fünf Sternen) veröffentlicht, während neutrale (drei von fünf Sternen) oder negative Bewertungen (null bis zwei Sterne) zumindest zunächst zurückgehalten wurden. Bei diesen wurde erst bei dem Kunden nachgefragt, ob er die Bewertung aufrechterhalten möchte.

Wer systematisch neutrale und vor allem negative Bewertungen unterdrückt, begeht – so die Ansicht des LG Duisburg – gemäß § 5 UWG eine unlautere Irreführung der Adressaten.

Für mich klingt das Vorgehen von Physio Content Review identisch mit dem Fall von 2012.

Ich habe nicht heraus lesen können, ob sie das rechtlich haben prüfen lassen und ob sie vielleicht transparent über dieses Vorgehen informieren und die Physios auf die Selektion hinweisen müssen.
Ich hoffe es für sie, denn andernfalls könnte man alle Physios, die als Referenz auf der Plattform aufgeführt sind, auf Unterlassung und Löschung verklagen (denn die nutzen die Plattform ja auf jeden Fall).

Interessant ist auch Ziffer 4.2 der Nutzungsbedingungen: „Der Profilinhaber versichert, dass die von ihm im Rahmen einer Kundenumfrage über den Dienst angeschriebenen Kunden zuvor in die Zusendung der betreffenden E-Mail eingewilligt haben. Für die Einholung der Einwilligung ist der Profilinhaber selbst verantwortlich.“

Ich hoffe, dass das die Physios und Studios auch wissen und so umsetzen.

Anmerkung:
Über die Website und die Nutzungsbedingungen bekomme ich nicht alle Informationen, die ich für eine umfassende rechtliche Einschätzung bräuchte.

Aber mit dem bisherigen Wissen komme ich zu der (absolut persönlichen) Einschätzung, dass die Plattform nicht rechtskonform gestaltet ist.

Das UWG ist dafür da, dass auch unter Konkurrenten fair gespielt wird und ein transparenter und vergleichbarer Leistungswettbewerb stattfindet. Das umgeht die Plattform. Daher halte ich es nicht für ein positives Element für die Branche.

Über rechtliche Herausforderungen bei Kundenbewertungen habe ich schon verschiedene Blogartikel veröffentlicht. Schau gerne mal rein:

Thema: Rechtliche Fallstricke bei Testimonials



Thema: Unfaire Google-Bewertungen: So kannst du dich wehren




Viele sportliche Grüße

Julia



Julia beim Trainieren Julia Ruch
Triathletin, Anwältin für Sportrecht &
Expertin für Rechtssicherheit im Training und Wettkampf

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