Physio, Heilpraktiker & Osteopath: Wer darf was – und mit wem zusammen?

18. November 2025 Lesedauer: 3:00 Minuten
Praxisliege
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Wie gehst du vor, wenn du rechtliche Fragen hast? Ich bekomme immer öfter Anfragen wie: „Ich habe ChatGPT gefragt, aber stimmt die Antwort?“.

Oftmals leider nur so halb. Entscheidend ist wie differenziert und individualisiert war die Eingabe und welche Daten für die Beantwortung genutzt wurden. Da sich Gesetze und Rechtssysteme weltweit erheblich unterscheiden, wäre es fatal, wenn ChatGPT ausländisches Recht zur Beantwortung der Frage genutzt hat.

Wie dem auch sei – ich bin froh, dass ihr euch letztlich dann doch lieber auf meine rechtliche Expertise verlasst. Aktuell sind die Physios aktiver als die Fitnessbranche. Daher heute wieder ein Beitrag für die Physios aus der Rubrik: Ihr fragt – die aktivKANZLEI antwortet.


Frage 1: Darf ich als Physiopraxis-Inhaber (ohne großen HP) einen Osteopathen als Mitarbeiter anstellen?

Um offiziell Osteopathie anbieten zu dürfen, muss man „großer“ Heilpraktiker sein.

Die Frage ist also:
Darf ich als Physio einen Heilpraktiker anstellen und somit Heilpraktikerrechnungen erstellen?

Prinzipiell ja, aber ...

Wenn du selbst kein Heilpraktiker (Voll-HP, sektoraler HP ist nicht ausreichend) bist, kannst du keine fachliche Aufsicht über die Tätigkeiten dieses Angestellten haben, da der HP etwas darf, wofür du keine Qualifikation hast.

Insides: Um die Umsatzsteuerfreiheit aufgrund der Freiberuflichkeit nutzen zu können, musst du aber leitend und eigenverantwortlich tätig sein. Du musst das fachliche Wissen haben und allen Leistungen, die in deiner Praxis erbracht werden, den „Stempel deiner Persönlichkeit“ aufdrücken (sog. Stempeltheorie). Das geht bei den Heilpraktikerleistungen aber nicht.

Konsequenz: Der Einnahmenanteil aus heilpraktischer Tätigkeit ist gewerbesteuerpflichtig.
Es gibt jedoch einen Freibetrag. Bis zu einem Gewinn von 24.500 Euro muss keine Gewerbesteuer bezahlt werden.

Wichtig ist daher, die physiotherapeutischen und die heilpraktischen Einnahmen in der Buchhaltung zu trennen, da sonst der gewerbesteuerpflichtige Anteil der Heilpraktikerleistung den physiotherapeutischen Anteil infiziert und deine gesamten Einnahmen mit der Gewerbesteuer belegt werden.

Gut zu wissen: In der Berufshaftpflicht sind oftmals keine HP-Tätigkeiten miterfasst. Daher bitte unbedingt der Versicherung melden, die Beiträge sind nicht wesentlich höher.

Alternativ dazu kannst du natürlich auch die Heilpraktiker-Prüfung ablegen oder mit dem Heilpraktiker eine Gesellschaft gründen. In einem Gesellschaftsvertrag wird die Verteilung der Anteile am Unternehmen individuell geregelt. In beiden Fällen entfällt die Gewerbesteuerpflicht.

Interessant zu wissen: Der Begriff "Osteopath" ist rechtlich nicht geschützt, weshalb sich jeder so nennen kann. Um als Osteopath anerkannt zu werden und um beispielsweise eine Kostenerstattung durch eine Krankenkasse zu erhalten, ist jedoch ein entsprechender Nachweis über eine abgeschlossene Ausbildung erforderlich.


Frage 2: Darf ich als Heilpraktiker und Osteopath die osteopathischen Behandlungen auf einen Physiotherapeuten delegieren?

Kurzantwort: nein (auch wenn das bestimmte Verbände immer noch anders sehen)

Erklärung: Bis zur Entscheidung des OLG Düsseldorfs im Jahr 2015 durfte Osteopathie auf Anweisung durch einen Heilpraktiker auch durch einen Physiotherapeuten ausgeführt werden. Seit diesem Urteil ist die Osteopathie als Ausübung der Heilkunde einzustufen, die nur von Ärzten und Heilpraktikern durchgeführt werden darf. Die Erlaubnis zur Ausübung der Physiotherapie nach § 1 Abs. 1 MPhG reicht dafür nicht aus. Dies resultiert daraus, dass Osteopathie nicht Bestandteil der Physio-Ausbildung ist.

Wichtig zu wissen: Gleiches gilt für eine abgeschlossene Osteopathieausbildung. Laut Gericht könne diese ausreichend für die Erteilung der HP-Erlaubnis sein. Das Argument, dass jemand mit einer speziellen Ausbildung in dem Bereich besser qualifiziert sei als der HP, ließ das Gericht nicht gelten. Das Gericht stellte allein auf die formale Voraussetzung einer Heilpraktikererlaubnis ab, nicht auf den Inhalt der Ausbildung.

Wenn ein Physiotherapeut osteopathisch tätig sein möchte, benötigt er also eine eigene Heilpraktikererlaubnis. 


Frage 3: Kann ich als Sektoraler HP Physio Behandlungen verordnen, die dann aber z.B. im Hausbesuch durch eine andere Praxis erbracht werden?

Ja, das geht. Voraussetzung ist, dass du vorab am Patienten festgestellt hast, ob dessen Beschwerden mittels Physiotherapie zu behandeln sind. Wenn du dann noch den Therapieplan erstellst, kann jeder andere Physio die Behandlung – auch im Hausbesuch – durchführen.

Wichtig ist, dass die Behandlung durch den anderen Therapeuten nur aufgrund deiner PRIVAT-Verordnung erfolgen darf und der Patient vorab über die Kostentragungspflicht informiert wird.


Für den Fall, dass du auch mal eine Frage hast oder nicht weißt, wie du rechtlich richtig reagieren sollst, haben wir unser Angebot „quick & easy Rechtsrat“ entwickelt.

Buche direkt über unsere Website, gib deine Frage ein und erhalte innerhalb von 48h eine Antwort, auf die du dich wirklich verlassen kannst.



Viele sportliche Grüße

Julia



Julia Ruch
die Anwältin für die Fitness- & Gesundheitsbranche
Inhaberin der aktivKANZLEI
und aktive Triathletin

aktivKANZLEI
j.ruch@aktivkanzlei.de


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