Öffnungszeiten verkürzen – Das kann nach hinten losgehen
03. August 2021
Lesedauer: 3:30 Minuten
Letztens erwähnte ein Studiobetreiber nebenbei, dass er eins seiner Studios über den Sommer am Samstag nicht mehr öffnet, weil eh kaum jemand kommen würde.
Als Anwältin zuckte es bei mir sofort und ich konnte mir nicht verkneifen zu fragen: „Hast du die Mitglieder vorher informiert? Eine unangekündigte Schließung wäre ein Kündigungsgrund.“.
Warum?
Warum ich es schaffe, eine nette Plauderei zu „verderben“? Ich weiß es nicht, es sprudelt einfach aus mir raus.
Warum es ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung ist? Das kann ich erklären.
Also …
Grundsätzlich gilt, dass die Vertragspartner einander gegenseitig zur Leistungserbringung verpflichtet sind. Wer seine Leistung nicht erbringt (hier Öffnung des Studios), hat keinen Anspruch auf eine Gegenleistung (hier die Beiträge).
Beachte: Wer seine Leistungen nur teilweise erbringt, hier der fehlende Samstag, hat aber nicht automatisch Anspruch auf den anteiligen Beitrag. Schlimmer noch, das Mitglied kann sogar kündigen, wenn er/ sie den Mitgliedsvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn er/ sie von der Veränderung gewusst hätte.
Kann das Mitglied z.B. nachweisen, dass es regelmäßig samstags trainiert, weil es vielleicht unter der Woche beruflich unterwegs ist, dann berechtigt der Wegfall des Samstags als Trainingstag das Mitglied zur fristlosen Kündigung.
Allerdings müssen zusätzlich
4 Voraussetzungen erfüllt sein:
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Das muss Mitglied „schwerwiegend“ beeinträchtigt sein. Wenn die Schließung lediglich einen Monat beträgt, also z.B. 4 Samstage in den Sommerferien, liegt noch keine schwerwiegende Beeinträchtigung vor. Eine Kündigung deswegen wäre unwirksam.
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Dem/ der Studiobetreiber:in muss es prinzipiell möglich gewesen sein zu öffnen. Es darf also keine vorrübergehende behördliche Schließung vorliegen.
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Die Schließung war dem Mitglied bei Vertragsschluss nicht bekannt. Eine zeitweilige Studioschließung rechtfertigt keine Kündigung, wenn das Mitglied vor Vertragsabschluss darüber informiert wurde.
Achtung: Allerdings haben vereinzelt Gerichte entschieden, dass es nicht ausreichend ist, dies in die AGB reinzuschreiben. Eine solche Klausel wäre für das Mitglied überraschend, weil es nicht damit rechnen muss und damit ist die Klausel unwirksam. Wenn Sie also regelmäßig an bestimmten Tagen oder Wochen schließen (z.B. auch 24.12. und 31.12.), dann vermerken Sie dies direkt im Mitgliedsvertrag.
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Das Mitglied muss Sie vor der Kündigung aufgefordert haben, die ursprünglichen Öffnungszeiten wieder herzustellen.
Nicht anders verhält es sich übrigens mit Veränderungen von Öffnungszeiten. Wer zum Beispiel statt bisher um 06:00 Uhr erst um 08:00 Uhr öffnen oder abends statt um 22:00 Uhr schon eine Stunde früher schließen will, muss dies ebenfalls berücksichtigen.
Praxistipp:
Wie so oft ist es ratsam offen zu kommunizieren. Informieren Sie Ihre Mitglieder rechtzeitig und teilen Sie ihnen rechtzeitig Ihre Gründe dafür mit. Fordern Sie sie aktiv auf, sich bei Ihnen zu melden, sollte jemand etwas dagegen haben.
Sollten dann tatsächlich Mitglieder sich melden, haben Sie die Möglichkeit mit den Mitgliedern individuelle Lösungen zu finden. Stellt sich ein Mitglied jedoch komplett quer, ersparen Sie sich die Nerven und gewähren Sie diesem das Sonderkündigungsrecht.
Haben Sie noch Fragen? Her damit!
Gerne greife ich Ihre Frage (auf Wunsch natürlich anonymisiert) in einem meiner nächsten Newsletter auf und gebe Ihnen einen Tipp für eine rechtlich sichere Umsetzung.
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Julia Ruch
Triathletin, Anwältin für Sportrecht &
Expertin für Rechtssicherheit im Training und Wettkampf
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